Natur Baustoffe: Holz, Lehm, Hanf

Die Arbeitswelt wird global von vier aktuellen Megatrends geprägt, die auch die Schweizer Baubranche massgeblich beeinflussen: Dekarbonisierung, Digitalisierung, Automatisierung und zunehmende Wichtigkeit von Gesundheit und Wohlbefinden. Diese Trends verändern nicht nur unser tägliches Leben, sondern auch die Art und Weise, wie wir mit Energie, Verkehr und Industrie umgehen.


  1. Dekarbonisierung: Die Reduktion von CO₂-Emissionen steht im Zentrum, um den Klimawandel zu bekämpfen.
  2. Digitalisierung: Die Abhängigkeit von Technologie und digitalen Plattformen wächst stetig.
  3. Automatisierung: Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelle Prozesse revolutionieren Arbeitsabläufe.
  4. Gesundheit und Wohlbefinden: Die alternde Bevölkerung und das gestiegene Bewusstsein für psychische Gesundheit erfordern neue Ansätze.


Im Bauwesen spiegeln sich diese Trends in innovativen Konzepten wider:


  • Die Wiederverwendung von Bauteilen und Baustoffen: Durch die Nutzung bestehender Ressourcen wird die Umweltbelastung reduziert. 
  • Ökologische Baustoffe: Materialien wie Holz, Lehm und recycelte Stoffe gewinnen an Bedeutung.
  • Vorgefertigte Bauteile: Maschinelle Herstellung ermöglicht Präzision und Effizienz.
  •  Building Information Modeling (BIM): Digitale Planungstools werden insbesondere bei grossen Projekten eingesetzt.
  • Gesundheitsorientierte Architektur: Tageslicht, natürliche Materialien und Lüftungssysteme fördern das Wohlbefinden der Bewohner.


Trotz dieser klaren Visionen gibt es erhebliche Hürden bei der Umsetzung.


Herausforderungen in der Umsetzung

Ein zentrales Problem ist, dass die Notwendigkeit dieser Veränderungen von vielen noch nicht erkannt wird. Nur eine Minderheit der Bevölkerung verfolgt aktiv die Ziele der Megatrends. Es braucht ein neues Mindset, um die Lücke zwischen Konzept, Planung und Betrieb zu schliessen.


Die Fachtagung Nachhaltiges Bauen hat gezeigt, wie wichtig präzise Vorgaben seitens der Auftraggeber sind. Nur durch klare Anforderungen können Planer gezielte Lösungen entwickeln. Ein weiterer Faktor ist die Zeit: Von der Beauftragung bis zum Baubeginn können mehrere Jahre vergehen, in denen sich rechtliche und technische Rahmenbedingungen ändern.


Ein Beispiel ist die Holzwirtschaft in der Schweiz: Obwohl Holz als ökologischer Baustoff gefördert wird, gibt es Herausforderungen bei der Skalierung und Koordination. Die Digitalisierung bietet hier Chancen, aber auch Risiken: Gesetzliche Vorgaben, die während der Planung aktuell sind, können im Betrieb bereits veraltet sein.


Leuchtturmprojekt: Mehrgenerationen-Siedlung Bukwil

Ein herausragendes Beispiel für die Umsetzung dieser Megatrends ist die Mehrgenerationen-Siedlung Bukwil. Dieses Projekt vereint Nachhaltigkeit, Innovation und Gemeinschaft auf beeindruckende Weise.


Im Modul 3 "Massnahmen planen" unseres Lehrgangs "Experte / Expertin für gesundes und nachhaltiges Bauen" hatten Gelegenheit, das Leuchtturmprojekt, in dem sich die 3 von 4 Megatrends widerspiegeln, zu besichtigen.


Das Projekt hat zum Ziel, 104 Wohnungen unterschiedlicher Art und Grösse, Begegnungszonen und Gemeinschaftsräume sowie Ateliers für die Freizeitgestaltung zu errichten. Hochwertiger, barrierefreier Wohnraum mit den Voraussetzungen für einen nachhaltigen Lebensstil zu attraktiven Konditionen. Die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bewohner*innen stehen im Mittelpunkt. Innenwände sind wenn möglich mit Lehmbauplatten und Lehmputz zur Feuchtigkeitsregulierung ausgestattet.


       

Blick vom Herzstück, dem Dorfplatz - ein öffentlicher Treffpunkt für alle Bewohner des Quartiers - auf die fertige Holzfassade.


Visionen, Verständnis und Vertrauen der Projektbeteiligten

Dieses Leuchtturmprojekt zeigt auch die aktuellen Grenzen von ökologischen Baustoffen auf. Die anfängliche Idee, alle Gebäude mit zementfreiem Beton zu bauen, musste der Realisierung weichen, dass die Materialentwicklung noch nicht für einen Bau dieser Grösse bereit ist. Durch den frühzeitigen Austausch mit den beteiligten Firmen und mit dem Vertrauen des Bauherrn wurde die Vision angepasst und man entschied sich für ein Hybridsystem. Die Untergeschosse und das erste Obergeschoss werden in Beton ausgeführt, die vorgefertigten Elemente in Holz.


Die Firma Nägeli AG aus Gais hat bereits seit 2005 das Vollholzsystem auf den Markt gebracht, nach der Vision des Firmengründers und Inhabers. Die Stiftung Burkwil, Initiant des Projekts, hat sich nach einem Versuch mit zementfreiem Beton von Oxara für die möglichst ökologische Alternative aus Holz entschieden. Dazu wurden alle Planer, GMS Partner AG und Duplex Architekten AG und Ausführenden ins Boot geholt um die Vision gemeinsam zu definieren und verfolgen. Bei Fertigteilen ist die Koordination aller Planer im Werk und auf der Baustelle sehr wichtig. Der Generalunternehmer, der von Anfang an dabei war, verstand die ökologischen Ziele und war bereit, den Bauherrn zu unterstützen. Dieses Projekt ist ein Paradebeispiel für zeitgemässes und zukunftsfähiges Bauen. Es zeigt, dass dort, wo wir an technische Grenzen stossen, diese durch visionäre und vertrauensvolle Zusammenarbeit überwunden werden können.


Die Teilnehmenden während der Exkursion, rechts ist das Fassadenmodell 

mit zementfreiem Beton der Firma Oxara abgebildet.

Natur Baustoffe: Holz, Lehm, Hanf
sanu future learning ag, Jordan Kouto 17 avril 2025
Partager cet article