Die Rolle von Baubiologinnen und Baubiologe

Der Mensch im Mittelpunkt

Anfänge der Baubiologie 

Der Mensch im Mittelpunkt  


Die Baubiologie hat ihren Ursprung in der Erkenntnis, dass die gebaute Umwelt einen erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen hat. Die grundlegende Idee, dass der Mensch im Mittelpunkt steht, prägt die Baubiologie seit ihren Anfängen. Diese Ausrichtung hat sich weiterentwickelt, und moderne Baubiologinnen und Baubiologen streben nach wie vor danach, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bewohner durch nachhaltige, ökologische Bauweisen zu fördern.


Geschichte der Baubiologie 

Die Anfänge

Die Geschichte der Baubiologie im süddeutschen Raum begann im Jahr 1970 und markierte den Startpunkt für eine Entwicklung, die das Baubiologische Institut in Rosenheim, heute bekannt als IBN (Institut für Baubiologie und Nachhaltigkeit), hervorbrachte. Die Ursprünge des Instituts lassen sich auf die Zeit der „Arbeitsgruppe Gesundes Bauen + Wohnen“ zurückführen, die von 1969 bis 1976 aktiv war. 


Im Jahr 1977, sieben Jahre nach den Anfängen im süddeutschen Raum, erfolgte die Gründung der Stiftung für Baubiologie (SIB) in der Schweiz. 


Der Meilenstein des Jahres 1992 prägte die Baubiologie nachhaltig, als das einheitliche Lehrmittel, der "Leitfaden für Baubiologie-Bauökologie“, veröffentlicht wurde. Dieser Leitfaden etablierte sich als Standardwerk in der Ausbildung von Baubiologinnen und Baubiologen und trug dazu bei, dass das gesammelte Fachwissen zugänglich wurde. 


Im Jahr 1996 wurde der Fachkurs Baubiologie mit eidgenössischem Fachausweis eingeführt und hat seitdem einen festen Platz in der Professionalisierung des Berufsstandes. Die Aus- und Weiterbildung im Bereich Baubiologie wurde durch die Gründung der Genossenschaft Bildungszentrum im Jahr 2003 weiter gestärkt, wodurch die Baubiologie auch auf institutioneller Ebene an Bedeutung gewann. 


Die Modernisierung und Namensänderung des Schweizerischen Institut für Baubiologie im Jahr 2016 zu "Baubioswiss" spiegelten die Anpassung an aktuelle Entwicklungen und Standards im Bereich Baubiologie wider. Diese Veränderungen zeugen von der kontinuierlichen Weiterentwicklung und dem Streben nach zeitgemässen Methoden. 


Im nächsten Schritt wurde im Jahr 2022 der Diplomlehrgang zur eidgenössischen höheren Fachprüfung zur Expertin und Experten für gesundes und nachhaltiges Bauen erarbeitet. Dieser soll helfen die Baubiologie auf höchstem Niveau zu etablieren und hochqualifizierte Fachleute ausbilden. 


Ein weiterer Schritt erfolgte im gleichen Jahr, als das Mandat zur Führung der Geschäftsstelle an Sanu überging. 


Insgesamt spiegelt die Entwicklung der Baubiologie von den Anfängen im süddeutschen Raum bis zu aktuellen Bestrebungen im Jahr 2022 eine bemerkenswerte Reise wider. Von den ersten Initiativen über die Gründung von Instituten und Stiftungen bis hin zur Einführung standardisierter Lehrmaterialien und moderner Ausbildungsformate hat die Baubiologie einen entscheidenden Beitrag zur Förderung gesunder Bauweisen geleistet.


Bauschadstoffe

Die Baubiologie entstand als Antwort auf gesundheitliche Beschwerden von Bewohnerinnen und Bewohner, durch die Förderung gesunder Bauweisen. Baubiologinnen und Baubiologen entwickelten sich zu Spezialisten für die "Dritte Haut", und ihre ganzheitliche Betrachtung betonte die enge Verbindung zwischen dem Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner und der Qualität gebauter Räume


Die Wissenslücke im Bereich der Baubiologie wurde vor allem im Zeitalter des "modernen" Bauens mit einer Vielfallt von neuen Materialien mit ihren gesundheitlichen Auswirkungen deutlich. Fachgruppen wie z.B. die IG Lehm und FaGeWo (früher FGHU) entstanden, um spezifische Themen zu vertiefen und Lösungen für gesündere Bauweisen mit nachhaltigen Baumaterialien zu entwickeln.  


Die Mitwirkung der Baubiologie bei natureplus ermöglicht bei der Zertifizierung von geeigneten Baumaterialien mitzuwirken. Dabei kann die internationale Vernetzung und der Austausch mit Gleichgesinnten im Ausland gestärkt werden


Erfahrungswissenschaft 

Die Baubiologie umfasst nebst wissenschaftlichen Aspekten auch Massnahmen, die nicht immer wissenschaftlich nachweisbar sind. Im Gegensatz zu rein wissenschaftlichen Ansätzen nutzt die Baubiologie hier einen erfahrungsorientierten Zugang. Die Erfahrungswissenschaft in der Baubiologie liefert keine einheitlichen Resultate. Jeder Mensch fungiert individuell als "Messgerät" für komplexe physikalische, biologische und mentale Wirkungen. 


Diese Messmethoden finden auch in der Praxis, z.B. beim Suchen von Wasserleckagen und dem Auffinden von Mineralien, Anwendung. Mitunter auch, weil keine anderen einfachen Methoden dafür vorhanden sind. Es ist wichtig, für erfahrungswissenschaftliche Aspekte offen zu bleiben, dabei jedoch kritisch zu hinterfragen


Nachhaltigkeitsbewegung 

Es ist wichtig zu betonen, dass Baubiologie von ihrem Anfang an nachhaltig war und ist. Die evolutionäre Entwicklung der Baubiologie reflektiert nicht nur Veränderungen in der Baubranche, sondern auch den fortwährenden Einsatz für umweltfreundliche, gesunde und nachhaltige Bauweisen. Die Baubiologie trägt weiterhin trendfrei dazu bei, eine harmonische Verbindung zwischen dem Menschen und seiner gebauten Umwelt herzustellen, basierend auf dem Respekt vor der Natur und verantwortungsbewusstem Handeln.

Baubiolog_innen einst und heute 


Aus der kleinen Nische… 


In den Anfängen führten Baubiologinnen und Baubiologen ein Nischendasein, geprägt von einer praxisorientierten Herangehensweise. Ihr Wissen wurde in der Praxis erworben, erprobt und grosszügig geteilt. Die Auftragssummen waren bescheiden, und Baubiologinnen und Baubiologen wurden oft direkt von Betroffenen kontaktiert, die mit gesundheitlichen Einschränkungen zu kämpfen hatten. Das bedeutete, dass sie hauptsächlich im bestehenden Gebäudebestand tätig wurden. 


Kleine Auftragssummen, vor allem für Instandsetzungen, waren die Norm. Der Fokus lag auf Mangelverbesserungen und der Analyse bestehender Gebäude.



Copyright: 5 Architekten AG, EFH Hengelweg, Würenlingen, 2016

…Über den Neubau von Einfamilienhäusern…

Schon in den Anfängen gab es Auftraggeberinnen und Auftraggeber, die bewusst ein Haus nach baubiologischen Kriterien wünschten. Die Verwendung baubiologischer Materialien beeinflusste jedoch den Erstellungspreis. Von grossen Immobilienakteuren wurde die Baubiologie belächelt oder sogar ignoriert.

Mit dem Verlassen der Nische begannen Baubiologinnen und Baubiologen gemeinsam mit Planern und Handwerkern, auch Neubauten und grössere Umbauten nach baubiologischen Kriterien zu erstellen. Dies markierte für das nachhaltige und gesunde Bauen einen Wendepunkt, stiess jedoch auf anfängliche Skepsis seitens der etablierten Akteure.



Copyright: 5 Architekten AG, Modernisierung Tägerhardstrasse, Wettingen, 2021

…zu Mehrfamilienhäusern und Siedlungen…

So waren es auch private Investorinnen und Investoren und progressive Genossenschaften, die eine Vorreiterrolle im zukunftsfähigen Bauen im grösseren Massstab übernahmen. Ein neues Bewusstsein in der Bevölkerung ermöglichte zunehmend die baubiologische Erstellung von Investitionsobjekten, vor allem für Privatinvestoren. Die Gesamtheit der baubiologischen Kriterien verringerte sich jedoch oft aus finanziellen Gründen. Gleichzeitig wurden auch konventionelle Grossinvestorinnen und --investoren auf die Bauweise und Objekte aufmerksam.


…zur gesuchten Fachperson für gesundes und nachhaltiges Bauen…

Nach dem Fokus auf energieeffizientes Bauen wurde Gesundes und Nachhaltiges Bauen (GNB) prägend. Investorinnen und Investoren waren aufgrund neuer Vorgaben dazu angehalten, in Nachhaltigkeit bei den Gebäuden zu investieren. Die Grösse dieser Projekte erforderte die Einbindung verschiedenster Spezialisten, wobei die Baubiologin oder der Baubiologe eine entscheidende Rolle als gefragte Fachexperson im Bereich des gesunden und nachhaltigen Bauens einnahm. Der Wandel in der Gesellschaft und die finanziellen Möglichkeiten der Investorinnen und Investoren verhalfen dem gesunden und nachhaltigen Bauen zu neuer, auch medialer Präsenz.

…auch mit Diplom, aber seinen Wurzeln bewusst sein

Der kürzlich eingeführte Diplomlehrgang stellt eine natürliche Fortsetzung der Ausbildung zur Fachspezialistin / zum Fachspezialisten dar. Das Berufsbild der Baubiologinnen / des Baubiologen hat sich aus der Einzelperson entwickelt, die auf ihrem Fachgebiet führend ist und in der Praxis kontinuierlich forscht. Die Ausbildung zur Baubiologin oder Baubiologen mit eidg. Fachausweis ist ein erster Schritt auf einem lebenslangen Weg der Wissensbildung und der praktischen Anwendung des gesunden und nachhaltigen Bauens. Der Diplomlehrgang vertieft dieses Wissen und ermöglicht die Gesamtheit des Bauwerkes vermehrt in den Fokus zu bringen.

Kritisch offenbleiben, auch für erfahrungswissenschaftliche Methoden, ist weiterhin ein zentraler Grundsatz. Baubiologinnen und Baubiologen haben heute einen umfassenderen Überblick über ihr Fachgebiet und reagieren flexibel auf verschiedene Anforderungen. Baubiologie war von Anfang an nachhaltig und trägt weiterhin dazu bei, eine harmonische Verbindung zwischen Mensch und gebauter Umwelt herzustellen. Die evolutionäre Entwicklung der Baubiologie reflektiert nicht nur Veränderungen in der Baubranche, sondern auch den fortwährenden Einsatz für umweltfreundliche, gesunde und nachhaltige Bau- und Lebensweisen.



Copyright: 5 Architekten AG, Modernisierung Jakobstrasse, Dietikon, 2021


L'école professionnelle Ceff propose la formation Brevet fédéral d'écobiologiste de la construction en français.

Autor: Daniel Huber, 5 Architekten AG

 

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14 février 2024
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