Ausgangslage
Das Paketvolumen der Schweizerischen Post belief sich im Jahr 2018 auf 125 Millionen Paketsendungen. Über 70 Millionen davon stammen vom Schweizer Online Versandhandel. Der Online Markt wächst, dies bedingt auch ein erhöhter Bedarf an Verpackungsmaterialien. Auch unser Auftraggeber Mahler & Co. (Online Versandhandel für Bio Produkte) verbraucht jährlich über 14 Tonnen Verpackungsmaterial für seine Kundenpakete. Mahler & Co. hat unser Projektteam beauftragt, die jetzige Situation zu analysieren und geeignete, ökologischere Varianten für Verpackung und Versand zu recherchieren, zu testen und nach Möglichkeit gleich umzusetzen.
Ziele des Projektes
Mahler & Co. reduziert die Umweltbelastung ihrer Versandprozesse (Verpackungsmaterialien, Versand und Transportwege), sowie bei der Verpackung der Eigenprodukte. Zudem werden geeignete Kommunikationsmassnahmen vorgeschlagen.
Umsetzung
Um die Kundenmeinung miteinbeziehen zu können, machten wir am Anfang unseres Projektes eine Umfrage zu den Themen Verpackung und Versand. Die Resultate waren aufschlussreich und dienten uns als gute Analysebasis. Unter anderem wünschten sich die Kunden weniger Verpackung, vor allem deutlich weniger Plastik.
Wir recherchierten die verschiedensten alternativen Verpackungsmaterialien. Mit Hilfe von Umweltwissenschaftler Fredy Dinkel konnten wir die Umweltbelastungspunkte der bereits bestehenden, sowie der von uns neu recherchierten Verpackungsmaterialien vergleichen. Bei vielen sogenannt ökologischen Verpackungsmaterialien ergaben sich überraschende Ergebnisse. Die oftmals als ökologisch angepriesenen Materialien hatten wider Erwarten hohe Umweltbelastungs punkte.
Um nicht nur die Ökologie, sondern auch andere relevante Punkte aus Sicht unseres Auftraggebers zu beurteilen, erstellten wir eine Nutzwertanalyse mit weiteren Kriterien: Ökonomie, Umsetzbarkeit, Kundenakzeptanz, Image und Lagerplatzbedarf. Diese validierten und vervollständigten wir mit der Geschäftsleitung und erarbeiteten konkrete Lösungen.
Dispobox Post
Ein wichtiger Platz nimmt die Dispobox der Post in unserem Projekt ein. Laut Kundenumfrage wünschen sich 64 % der Kunden eine Dispobox, weitere 26 % wünschen sich ebenfalls die Dispobox, jedoch mit der Bedingung, dass diese verschlossen vor der Haustüre deponiert wird.
Heute muss der Kunde zu Hause sein, um die Dispobox selber auspacken zu können, damit der Postbote sie gleich wieder mitnehmen kann. Andernfalls muss der Kunde die Box auf der Poststelle abholen oder er erteilt der Post die Erlaubnis, den Inhalt der Dispobox auszupacken und vor der Türe zu deponieren.
Die Dispobox schneidet nicht nur bei den Umweltbelastungspunkten sehr gut ab, sondern ist rundum eine ökologische Versand-Variante: Das Stopfmaterial wird entweder wieder in Umlauf gebracht (Plastik - luftpolsterfolien, Styroporflocken) oder recycelt (Papier, Karton). Nur wenig Abfall wird entsorgt. Auch die Dispobox selber ist vollkommen recycelbar und befindet sich somit in einem geschlossenen Kreislauf.
Als Reaktion auf die Resultate unsere Kundenbefragung hat sich die Post bereit erklärt, zusammen mit Mahler & Co. ein Pilotprojekt zu starten: Neu soll es möglich sein, die Dispobox vor der Türe des Kunden zu deponieren und am nächsten Tag wieder abholen zu lassen.
Resultate
VERSAND: Ab Frühling 2019 wird dem Kunden die Wahl zwischen Kartonschachtel und Dispobox angeboten. Die Post führt mit Mahler & Co. einen Pilotversuch durch, in dem die Dispobox vor der Haustüre deponiert und am nächsten Tag wieder abgeholt wird.
STOPFMATERIAL: Es wird weiterhin Druckausschusspapier verwendet. Mahler & Co. versucht, so wenig Stopfmaterial wie möglich zu verwenden. Bei den Dispoboxen braucht es grundsätzlich weniger Polsterung, wie in Testphasen herausgefunden wurde.
ISOLIERMATERIAL: Beim Isoliermaterial sind wir zu keinem befriedigenden Ergebnis gelangt. Da für sensible Frischprodukte eine Isolation zwingend ist, wird Mahler & Co.
weitere Varianten prüfen, wie z.B. Isolation mit Wolle oder Isoliertaschen aus 100 % recyceltem Polypropylen.
KLEBEBAND: Wechsel vom herkömmlichen Plastikklebeband zum Papier-Pack band mit Naturkautschukkleber.
PLASTIKBEUTEL: Wo noch ein Plastikbeutel notwendig ist (z.B. bei Feuchtigkeit) wird auf den Beutel HDPE ‹nature I’m green› mit 85 % Zuckerrohr gewechselt.
EIGENMARKE: Bei den Beuteln für die Eigenmarke werden weitere Abklärungen stattfinden, da wir noch zu keinem endgültigen Ergebnis gekommen sind. Die Grosspackungen werden voraussichtlich durch Papierbeutel ersetzt.
TRANSPORT: Die Pakete werden weiterhin durch die Post transportiert und Klima kompensiert. Sobald das Paketvolumen grösser wird, könnte man einen Velokurierdienst z.B. in Zusammenarbeit mit einer sozialen Stiftung aufbauen.
Kommunikation
Um die Resultate erfolgreich umsetzen zu können, sind geeignete Kommunikationsmassnahmen wichtig. Mit Blogbeiträgen und Information zur Nachhaltigkeit auf der Website und Flyern werden die Kunden auf die neuen Versandmassnahmen und Ergebnisse aufmerksam gemacht. Um andere Versandhändler zu informieren und zu animieren, dem Beispiel von Mahler & Co. zu folgen, wird eine Pressemitteilung an diverse Medien sowie den Verband des Schweizerischen Versandhandels verschickt.
Schlussfolgerungen
Wir konnten Mahler & Co. in verschiedenen Bereichen erfolgreich Alternativen aufzeigen, die so auch in der Praxis umgesetzt werden. Ebenfalls haben wir geeignete Kommunikationsmassnahmen vorgeschlagen.
Wenn das heutige Paketvolumen von Mahler & Co. zukünftig per Dispobox verschickt würde, erreichte der Online Versandhändler ein jährliches Sparpotential von 9’360’300 Umweltbelastungspunkten. Das entspricht einer Zugreise von 181’044 km (4,5-mal rund um die ganze Erde). Wir hoffen, dass sich möglichst viele Versandhändler von unserem Projekt animieren lassen. Bei den über 70 Millionen Paketen des schweizerischen Versandhandels entsteht hier ein riesiges Umwelt-Sparpotential.
Koautorinnen: Eveline Glauser, Gaby Denoth
ökologisch versenden