Landschaft bewegt die Schweiz

Erholen Sie sich gerne wandernd, bikend oder joggend in der Natur?

Tragen attraktive Landschaften und hochwertige Bewegungsräume an der frischen Luft zu Ihrem Wohlbefinden bei? Dann haben Sie bestimmt festgestellt, dass Sie nicht allein unterwegs sind: sportliche Betätigungen in der freien Natur boomen. Sportarten, bei denen Landschaftsqualitäten eine zentrale Bedeutung haben, sind bei der Schweizer Bevölkerung besonders beliebt.


Landschaft grossräumig denken

Wie aber lassen sich Landschaften für sportliche Aktivitäten und Bewegung nutzen, ohne dass deren Qualitäten verloren gehen? Es gilt ein Gleichgewicht zu finden zwischen der Erhaltung hochwertiger Naturräume und der Begrenzung von Störungen auf der einen Seite sowie den Erwartungen der Nutzenden auf der anderen Seite. Wichtig ist, die Landschaft grossräumig und integral zu betrachten und aktiv zu gestalten. So hat der Kanton Solothurn im Natur- und Erholungsraum Aare-Emme sogenannte Fokusräume ausgeschieden, die entweder der Natur, der Naherholung oder dem Nebeneinander gewidmet sind. Und nach jahrelangen Diskussionen um eine Bike-Strecke am Weissenstein wurde erst durch eine grossräumigere Betrachtung eine tragfähige Lösung gefunden, die 2021 rechtskräftig wurde. Zu den Erfolgsfaktoren gehörten u.a., dass eine benachbarte Wildruhezone geschaffen, ein Monitoring etabliert und ein Rangerdienst eingesetzt wurden. Ein solcher Ausgleich bedingt einerseits Raum und andererseits Zeit. Und es braucht eine fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Raumplanung, Landschaft, Sport, Gesundheitsförderung und weiteren betroffenen Stakeholdern. Hier könnte die Raumplanung zukünftig eine noch aktivere und integrierende Rolle einnehmen, die Themen Sport & Bewegung stärker in die Planung einbeziehen und für gute Zugänglichkeit zu Bewegungsräumen sorgen. Letzteres heisst jedoch nicht, dass Sportler_innen immer und überall Zugang zu Naturräumen haben. Im Falle der «Sport am Tag Challenge» – einer neuen Lauf- und Radstrecke im Kanton Basel-Landschaft – wurden in einer partnerschaftlichen Vorgehensweise beispielsweise die Betriebszeiten begrenzt, um Wildruhestörungen zu minimieren.  


Wildtierschutzkonzepte für intensiv genutzte Gebiete



Zukünftiges Nebeneinander von Paraglidern und Steinböcken auf dem Stockhorn?


Ob Alpen-Safari, neuer Mountainbike-Trail, Open-Air-Konzert oder Startrampe für Paraglider: nicht nur die Nachfrage nach authentischen Erlebnissen steigt, auch das Angebot wird in Naherholungsgebieten und touristischen Destinationen laufend ausgebaut. Um Birkhühner, Steinböcke, Schneehasen, Hirsche und Co. frühzeitig zu schützen und die unterschiedlichen Interessen möglichst gut zu koordinieren, sind Wildtierschutzkonzepte geeignete Instrumente. Sie zeigen auf, welche Gebiete und Zielarten vor welchen Störungen (z.B. Variantenfahren, Gleitschirmfliegen, Mountainbiken) wie geschützt werden sollen. Bestandteile solcher Konzepte sind planerische und rechtliche Grundlagen, Besucherlenkungsmassnahmen, Information/Signalisation/Sensibilisierung, Aufsicht/Vollzug vor Ort sowie die Erfolgskontrolle. Zudem müssen die Zuständigkeiten für die Massnahmen geregelt und eine Arbeitsgruppe für die Umsetzung der Massnahmen und der regelmässigen Erfolgskontrollen festgelegt werden. Wildtierschutzkonzepte sind jedoch nur wirksam, wenn sie sorgfältig erarbeitet wurden, die lokalen Besonderheiten angemessen berücksichtigen und von den verschiedenen Stakeholdern akzeptiert und umgesetzt werden.  


Die sanu führt am 2. November 2022 in Zusammenarbeit mit dem BAFU ein Seminar zum Thema «Wildtierschutz in touristisch stark genutzten Gebieten» durch. Dabei werden zentrale Anforderungen an wirksame Wildtierschutzkonzepte beleuchtet und deren Nutzen aufgezeigt. Anhand konkreter Praxisbeispiele werden Lenkungs- und Sensibilisierungsmassnahmen evaluiert und Erfolgsfaktoren besprochen. Der Kurs bietet auch Gelegenheit, Erfahrungen auszutauschen und eigene Instrumente kritisch zu reflektieren.  


Partizipation und Sensibilisierung als wichtige Erfolgsfaktoren



Freiräume für Bewegung


Um Naturräume zu schonen sind attraktiv gestaltete Wohnumfelder und gut zugängliche urbane Freiräume von grosser Bedeutung. Diese sollen vielfältig nutzbar sein, eine hohe Biodiversität aufweisen und Raum für Bewegung, Begegnung und Partizipation bieten. Yverdon-les-Bains zum Beispiel hat sich zum Ziel gesetzt, auf Quartierebene ein Netz aus bewegungsfördernden öffentlichen Räumen zu schaffen, welche für die Einwohnenden in weniger als fünf Minuten erreichbar sind. An verschiedenen Quartierworkshops wurden der IST-Zustand analysiert und Aufwertungsideen entwickelt. Erste Umsetzungsbeispiele sind die «Balade ActYv», die mehrere bewegungsfördernde öffentliche Orte zu einem Stadtspaziergang verknüpft, oder ein grossflächiges Kunstwerk in Form einer Schlange, das in der Umgebung eines Schulhauses zur Bewegung animiert.  


Für das Gestalten von qualitätsvollen Landschaften müssen die Interessen der verschiedenen Akteure frühzeitig und systematisch einbezogen und Netzwerke aufgebaut werden. Freizeitsuchende, Sportler_innen und Nutzende sollen aktiv beteiligt und beispielsweise über Vereine und Verbände sensibilisiert werden. In Pärken und Naturschutzgebieten kommt diesbezüglich auch den Rangerinnen und Rangern eine wichtige Bedeutung zu. Nicht zuletzt lohnt es sich, in andere Regionen und Länder zu blicken und zu schauen, welche kreativen und innovativen Ansätze dort verfolgt werden, um die unterschiedlichen Bedürfnisse von Landschaft, Raumplanung, Sport und Gesundheitsförderung möglichst gut zu vereinen.



Landschaft bewegt die Schweiz


Vielleicht lassen sich einige dieser spannenden Ansätze an der nächsten Tagung der Bundeskoordination Sport-Raum-Umwelt weiter vertiefen?! Die diesjährige Tagung hat die Basis dafür gelegt und zum Ziel gehabt, den Austausch zwischen den unterschiedlichen Fachkreisen zu fördern. Den Bericht zur diesjährigen Tagung «Landschaft bewegt die Schweiz» vom 9. März 2022 in Magglingen finden Sie hier.

Landschaft bewegt die Schweiz
sanu future learning ag, Claudia Vogt 18. Juli 2022
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